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Erster Abschnitt.

Das Ende der innerpolitischen Handels- und Verkehrs

freiheit.

§ 1. Grundgedanken der inneren Handelspolitik. (Stellungnahme der Staatsgewalt zum modernen Kombinationswesen, zum Großkapital, zur Preisbildung.)

Nie hat wohl die Gesetzgebung eines modernen Gemeinwesens auf einem für staatliche Tätigkeit in Anspruch genommenen Gebiete hülf- und zielloser herumexperimentiert, nie so gänzlich die Gesetze der wirtschaftlichen Entwicklung verkannt und unhaltbare Schanzen zu halten versucht, als der Bundesstaat und die Einzelstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem langjährigen Kampfe zum Schutze des wirtschaftlich Schwachen gegen die Übermacht des zusammengeballten Kapitals. Ängstlich versuchte man die Schatten der Erscheinungen zu beseitigen, während man diesen Erscheinungen selbst nicht nahezutreten wagte. Keines der großen Kulturländer hat seine Gesetzgebung so unmittelbar in den Dienst des ausgeprägt staatssozialistischen niemals in klare Worte gefaßten — Gedankens, unter grundsätzlichem Festhalten an Privateigentum und Erbrecht, Erzeuger und Verzehrer, Arbeiter und schwache Mitbewerber gleichmäßig gegen Erdrückung oder wirtschaftliche Schädigung durch die Zusammenfassung des Kapitals zu schützen, gestellt; keine Gesetzgebung konnte aber andererseits zur Erreichung der erstrebten Ziele ungeeigneter sein.

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Die schmerzlichste Enttäuschung, die die große Demokratie zwischen dem Atlantischen und dem Stillen Ozean seit der Unabhängigkeitserklärung erlebt hat, war die im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts allmählich heraufdämmernde Erkenntnis, daß das als ungeschriebenes Grundgesetz der Nation betrachtete

Prinzip der freien Konkurrenz sich selbst negierte. Die Entwickelung des amerikanischen Wirtschaftslebens begann in der Mehrheit der Erwerbszweige unaufhaltsam auf Zusammenfassung der Kräfte, Konsolidierung von Arbeit, Kapital und Intelligenz, Ausschaltung der schwächeren Konkurrenten und zunehmende Zentralisation der Industrie hin zu steuern. Mit der Wucht eines Naturgesetzes setzte sich, gefördert durch Dampf und Elektrizität, eine neue Form des Wirtschaftslebens durch.1) Immer zahlreichere Erwerbszweige gelangten unter die Kontrolle mächtiger Kapitalassoziationen, auf immer weiteren Gebieten wurde das freie Spiel der Kräfte ausgeschaltet und der Handel aus seinen ,,natürlichen" Bahnen gelenkt, immer lebhafter wurde die Besorgnis des Konsumenten und des Produzenten, (soweit die Produktion nicht ebenfalls von der den betreffenden Geschäftszweig beherrschenden Kapitalgruppe kontrolliert wurde), jeden Einfluß auf die Preisbildung zu verlieren. Anstelle der ,,competition" trat überall combination", die schwächeren Mitbewerber konnten sich oft nur durch Anschluß an die ihren Geschäftszweig beherrschenden mächtigeren Konkurrenten vor dem Zusammenbruch retten.

Diese Revolution im Wirtschaftsleben führte dazu, daß der Preis wichtiger Volksnahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände, wie Zucker, Tabak, Petroleum und Fleisch von wenigen Männern von Tag zu Tag souverän bestimmt wurde. Zum Teil wurde diese Macht des koalierten Kapitals, die, nachdem sich einige andere Wege als ungangbar erwiesen hatten, nach dem Muster des 1882 gegründeten Standard Oil Trust in ,,Trusts" zusammengefasst wurde, in sehr rücksichtsloser Weise gehandhabt. Die Einzelheiten dieser Entwickelung und die Bedeutung der Trusts genannten Kapitalverbindungen im Wirtschaftsleben Amerikas dürfen als bekannt vorausgesetzt werden.")

Eine derartige Revolution im Wirtschaftsleben hätte wahr

1) Vgl. Gustav Cohn: System der National-Ökonomie Bd. III, S 151: „Die Trusts sind die Folge derjenigen Entwicklungstendenzen, die in dem Wesen der Konkurrenz und des Großbetriebes liegen."

2) Man unterscheide drei Bedeutungen des Wortes „Trust".

1. Im Privatrecht versteht man unter Trusts (Treubesitz) Vermögen oder Vermögensstücke, die unter Lebenden oder von Todeswegen an eine dritte Person (,,Trustee", „Fiduciar" oder „,Treuhänder") zur getreuen Hand verliehen

scheinlich in einem jeden Lande eine Reaktion seitens der benachteiligten Schichten der Bevölkerung hervorgerufen; diese werden, damit der letztere dieselben entsprechend den Bestimmungen der Verleihung („Deed of trust“) zu gunsten einer bedachten Person (,,Cestui que trust“) oder „beneficiary") verwaltet oder verwendet. Eigentümer des verliehenen Vermögens ist der Treubesitzer. ,Trusts" sind in den Vereinigten Staaten ein vielgebrauchtes Mittel, um das Vermögen des Erblassers für seine Familie und insbesondere für seine entfernteren Nachkommen zu erhalten, insofern der Nachlaß ganz oder teilweise an Trustees" vermacht wird, unter Suspendierung der Veräußerungsbefugnis während des Lebens der Witwe oder von Kindern. (Vgl. Schnitzler,,,Wegweiser für den Rechtsverkehr zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten". Berlin 1903.)

2. Trust im kommerziellen Sinne ist eine Vereinigung mehrerer konkurrierender Korporationen zu einer Verwaltungseinheit durch die Übertragung der Aktien (oder doch ihrer Mehrheit) an den Treuhänder (oder Rat von Treuhändern,,Board of Trustees") seitens der Aktionäre gegen Empfang einer entsprechenden Anzahl von durch den Treuhänder ausgegebenen dividendenberechtigten Zertifikaten (combination of competing corporations formed through the transfer by the stock holders of several corporations to a common trustee of controlling stock interests therein, in exchange for certificates, issued by the trustee, for each stock holders proportional equitable interest in all the stock so transferred“). Diese Form der Verschmelzung mehrerer Industriegesellschafteu wurde im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts üblich. Als Muster diente der StandardOil-Trust, zu dem sich 1882 verschiedene mit der Reinigung und dem Transport des Petroleums und der Verarbeitung von Nebenprodukten aus den Abfällen beschäftigte Gesellschaften zusammenschlossen. Die Trustform bot den Vorteil, daß derartige Kombinationen in Ermangelung auf sie anwendbarer Gesetze keinerlei Aufsicht und Verantwortlichkeit unterlagen. Dem Petroleum-Trust folgten der Whisky Trust (,,Distillers and Cattle Feeders Trust") und der Zuckertrust („Amer. Sugar Refineries Comp."). Zur Zeit gibt es keine Trusts in diesem Sinne mehr. 3. Gewöhnlich hat das Wort Trust aber einen weiteren Sinn. Man bezeichnet damit jedes Zusammenwirken von Korporationen des Wirtschaftslebens zwecks Regelung des Angebotes und des Preises von Waren (,,all combinations of industrial corporations formed for the purpose of regulating the price and supply of commodities" so Noyes,,Treatise on the law of intercorporate relations", Boston 1902). Lewis im Jahrbuch der Am. Ac. of Pol. and Soc. Science Bd. 24 S. 113 definiert Trust im weiteren Sinne als „any aggregation of capital in corporate hands, so large as to be an important factor in any branch of industry". S. C. T. Dodd, solicitor der Standard Oil Company sagt:,,The term „Trust" embraces every act, agreement, or combination of persons or capital believed to be done, made or formed with the intent, power or tendency to monopolize business, to restrain or interfere with competitive trade or to fix, influence, or increase the prices of commodities.“

Über eine Abart der unter Ziffer II erwähnten Trusts, den sog. „voting trust“ (Übertragung des Stimmrechts ohne Übertragung der Aktie an die Treuhänder) vgl. Ber. der Ind. Comm. Bd. S. 10.

Reaktion nahm eine besonders scharfe Form an in Amerika aus verschiedenen im folgenden darzulegenden Gründen.1)

1. Das Prinzip der persönlichen Freiheit und Gleichheit der Bürger, durch die Bundesverfassung und die Verfassungen der Einzelstaaten feierlich gewährleistet, schien durch die Bildung übermächtiger Kapitalgruppen, die souverän die Preise diktierten und über Wohl und Wehe unzähliger Angestellten befanden, gefährdet. Dieselbe Abneigung, die der Amerikaner gegenüber dem politischen Despotismus zur Schau trägt, überträgt er aur die Monopolisierung einzelner Wirtschaftszweige. Die Übermacht einzelner Kapitalmagnaten schien ihm die republikanische Regierungsform zu bedrohen), den einzelnen zum Hörigen einer von ihm nicht kontrollierten Steuergewalt zu machen und die Selbständigkeit zahlloser wirtschaftlicher Existenzen zu untergraben.3)

2. Die Überzeugung von der Schädlichkeit der Monopole ist angelsächsisches Gemeingut seit der elisabethinischen Zeit; sie leitet ihren Ursprung her aus den Mißbräuchen, die aus der Vergebung von Eisen, Salz, Pulver usw. als Privatmonopole seitens der englischen Krone sich ergaben. Die Anschauungen

1) Die Einwände gegen die großen Kapitalassoziationen und gegen Monopole sind im Text zusammen behandelt; denn wenn auch Kapitalhäufung nicht notwendig Monopole bedingt, so wohnt doch grossen Kapitalzusammenballungen in den verschiedenen Geschäftszweigen in der Regel die Tendenz auf Beherrschung des betreffenden Geschäftszweiges inne. Vgl. Berichte der Industrial Commission Bd. 19, S. 615: „There is always the danger of monopoly from the largest combinations and this danger the people fear.“

2) Snyder:,,The Interstate Commerce Act" usw. New York 1904, S. 312: ,,In other words the great object of a republican form of government, based upon the fundamental principle of equality of opportunity, is in a measure defeated by the absolute denial of opportunity". Hudson: „The Railways and the republic" New York 1889, S. 438: „Republican government is attacked in the centre of its life by the persistent dishonesty and corruption with which these aggregations of greed and wealth have defiled our political system."

3) Vgl. Bennet im Aprilheft 1903 der „,Arena":

We are rapidly reaching a point where industrial autocrats will have absolute control over a majority of the citizens of the country . . . . . If America would retain political democracy it must also have industrial freedom Industrial autocracy cannot live on terms of peace with political liberty.“

des vom Mutterlande überkommenen gemeinen englischen Rechtes über die Schädlichkeit der Vorkäufer und Monopolisten (forstallers, enhancers, engrossers, regraters) wurden mit übernommen, und die Aufhebung der gegen jene Monopolisten gerichteten englischen Gesetze in England selbst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts fand in Amerika keine Nachahmung. Verträge und Vereinbarungen zwecks unvernünftiger (unreasonable) oder genereller Beschränkung des Handels mit einem gegebenen Gegenstande wurden demgemäß auch vor der Antitrustgesetzgebung unter dem gemeinen Recht für ungesetzlich erachtet.') Indessen war die Beweisführung schwierig und mangels eines Maßstabes für die Beurteilung der Vernünftigkeit einer Vereinbarung gelangten die Gerichte nur in Ausnahmefällen zur Ungültigkeitserklärung.

3. Die Haupteinwendungen gegen die Monopole lassen sich noch heute wie in der Entscheidung des 300 Jahre zurückliegenden englischen Rechtsfalles, die der amerikanischen Praxis als Grundlage dient, zusammenfassen unter der Überschrift: Preissteigerung, Verschlechterung der Ware und Ruin der Mitbewerber.2)

1) Die Anti-Trust-Law von 1890 erklärte später sämtliche „contracts in restraint of trade" für ungesetzlich und strafbar, also auch eine „reasonable“ Beschränkung des Handels. Vgl. Noyes A Treatise on the law of intercorporate relations" Boston 1902; ferner die Entscheidung des obersten Bundesgerichtshofs in Sachen U.St. . . . Trans-Missouri Freight Ass'n 1897 und im ,,Joint Traffic Case"; v. Halle im Handw. der Staatswissenschaften Artikel ,Trust"; 7 und 8 Vict. cap. 28. Im Staate New York wurde 1890 der Zuckertrust seiten der Gerichte unter dem gemeinen Recht für ungesetzlich erklärt, weil keine Korporation ihre Rechte und Pflichten einem Dritten (hier dem board of trustees) übertragen könne.

2) In dieser im Jahre 1602 in Sachen Darcy . . . Allein ergangenen Entscheidung heisst es über die Schäden der Monopole wie folgt (vgl. Ely S. 218):

First: The price of the same commodity will be raised, for he who has the sole selling of any commodity, may and will make the price as he pleases... The second incident to a monopoly is that after the monopoly is granted the commodity is not so good and merchantable as it was before: for the patentee, having the sole trade, regards only his private benefit, and not the commonwealth.

Third: It tends to the impoverishment of divers artificers and others, who, before, by the labor of their hands in their art or trade, have maintained themselves and their families, who now will of necessity be constrained to live in idleness and beggary.

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