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Nestor.

Ha! Ha! für wen seht Ihr mich denn an? Die Blumen sollten gut angekommen feyn, die sich dergleichen Ungezogenheiten unterfangen hätten.

Göttinn. Was macht Ihr eigentlich in der

Welt?

Nestor. Ich stelle einen Märtyrer vor, ich gehe für die allgemeine Wohlfarth zu Grunde. Ich bin auf der Reise, und mein Prinz kann nicht eher feine vollständige Gesundheit erhalten, bis wir den guten Geschmack angetroffen haben.

Göttinn. Was nennt Ihr den guten Ge: schmack?

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Nestor. Ich will es Euch schon anvertrauen, weil Ihr mir ziemlich lehrbegierig scheint. Seht, der Geschmack, als wenn ich sagen wollte, ein Gedicht, nun müßt Ihr aber recht begreifen, denn ich strenge mich pur so an, um Euch die Sache recht klar und deutlich zu machen, also, wenn Ihr Euch ein classisches, vollendetes Gedicht denkt, classisch nähmlich, was, nun, das ergibt sich von selbst, - oder so ein Epigramm ein Heldengedicht, eine Tragödie, worin alle Regeln observirt, niemahls verwandelt

Göttinn. Ich verstehe Euch nicht; meint Ihr vielleicht überhaupt die Kunst?

Nestor. Nun ja, es wird ungefähr so zus treffen. Wenn Ihr die Classiker gelesen hättet, da

würdet Ihr mich schon eher verstehen. Hätt' ich doch nur meine Grundfäße der Kritik bey mir! Göttinn. Laßt sich den Kranken gleich hierher verfügen,

In diesem sel'gen Aufenthalt wird
Er gleich von allen llebeln sich erlöst.
Befinden, denn hier wohnt die Poesie.

Nestor. Hierher? Wahrhaftig, das fehlte ihm noch, um in die alte Raferey zurück zu verfale. len. Ihr habt große Vorstellungen von Euch und Eurem Garten, ich sehe ja auch nicht einmahl einen einzigen Dichter.

Göttinn. Dort wandeln sie im dunkeln Gange,"

jest

Seh' ich wie sie die Schritte zu uns lenken.
Die Dichter treten hinein.

Nestor. Sind das nun wirklich und in der That Dichter?

Göttinn. Unnöthig scheinst du zweifelhaft zu seyn.

Nestor. Man muß sich ein bischen mit der= gleichen Behauptungen in Acht nehmen. Seht nur, wie sie unhöflich sind, sie kümmern sich gar nicht um mich, und doch bin ich hier fremde.

Göttinn. Sie haben dich noch nicht bemerkt, Nestor. Noch eins, ich werde ja in Eurem Garten gar keine Raupen gewahr, und doch ist jest die Zeit.

Göttinn. Kein Ungeziefer naht dem heil'gen

Wohnsiß.

Nestor. Nun das ist noch von allen Dingendas unnatürlichste und unwahrscheinlichste. Nein, das wird Euch nimmermehr ein einziger Mensch glauben, seht, meine liebe Frau, ein solcher Garten ist bisher noch gar nicht erhört gewesen. Da kommen die Dichter auf uns zu, nun will ich Ihnen doch mit Eurer Erlaubniß, ein wenig auf den Zahn fühlen.

Göttinn. Ihr seyd von felt'ner Munterkeit des Geistes.

Nestor. Wie heißt denn der finst're alte Murrkopf hier?

Göttinn. Bescheid'ner sprich, es ist der große Dante.

Nestor. Dante? Dante? Ach jest besinn' ich inich, er hat so eine Comödie, gleichsam ein Gedicht über die Hölle geschrieben.

Dante. Gleichsam ein Gedicht? Wer bist du, daß du also sprichst?

Nestor. Nu, nur nicht so böse, ich bin ein Freund von dir und von Euch allen, denn ich liebe die Dichtkunst, und bringe oft meine müßigen Stunden mit Euren Schnurrpfeifereyen hin.

Dante. Schnurrpfei

das du so eben nanntest?

wie war das Werk,

Nestor. Ha, ha, ha! Er kennt die Schnurr

pfeifereyen nicht, und hat selbst welche gemacht. Das bedeutet so Euer dummes Zeug, Eure lustigen Lappalien, was Ihr gemacht habt, und womit man die Zeit ganz artig vertrödeln kann.

Dante. Wer bist du, flache Unbedeutenheit,
Daß du dich dieser frechen Sprach' erkühnst?
Hat dich kein Laut aus meinem Werk getroffen?
Bist du in alter Blindheit ein Bewohner
Von Religion und Poesie verstoßen?

Nestor. Ereifert Euch nicht so, alter Mann, denn die Wahrheit zu sagen, 10 habe ich Euch nic= mahls gelesen.

Dante. Und kommt da her, und spricht von meinem Werk:

Die göttliche Comödie Schnurrpfeiferen!
Ein schändliches, barbarisch Wort, und kaum
Der frommen Zunge abzulocken!

Nestor. Send stille, sag' ich Euch, und laßt uns einmahl ernsthaft sprechen. Seyd Ihr denn in der That jemahls ein Dichter gewesen?

Dante. Uriost! Petrarca!

Nestor. Nun, nun, die Zeiten haben sich seit dem gewaltig geändert, damahls, ja damahls, - aber jetzt seyd Ihr zu schwer zu lesen, und auch außerdem noch ennuyant.

Dante. Damahls! was meinst du damit, Burm?

Nestor. Ein hißiger Kopf! Nun damahls

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will ich nur sagen, war es erstaunlich leicht ein Dichter zu seyn, weil, wie ich gelesen habe, vor Euch in neuerer Zeit eben keine Poeten existirt hatten; darum müßt Ihr nur Euer Glück anerkennen, dann im Grunde wäre doch jeder Andere damahls eben so wie Ihr berühmt und bewundert worden. Dante. Es hätte also nur an dir gelegen, Nur an der Zeit, die dich an's Licht geworfen In jenem früheren Jahrhundert, und

Du hättest auch wie ich die Welt erstaunt?

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Nestor. Natürlich, ja was noch mehr ist, ich denke es sogar in unserem Zeitalter, wo es doch tausendmahl schwerer ist, dahin zu bringen. Erst fang' ich so fachte, sachte mit Abhandlungen für Monathsschriften an, in denen ich meinen aufgeklärten Kopf entdecke, und irgend einen Schwärmer öder Pietisten ganz artig und sauber in seiner Blöße darstelle, dann schreib' ich gegen Gespenster, dann einen Roman gegen Euch und alles was mir nicht in den Kopf will, dann laff' ich mir merken, daß mir im Grunde gar nichts in der Welt recht ist, bis ich am Ende immer höher, immer höher kom= me, anfange zu rumoriren und zu ennuyiren was man nur leisten kann, bis mich die Leute endlich aus langer Weile für den ersten Menschen in der Welt halten. Aber dergleichen Zeug, wie Eure fegenannte Komödie, hätte ich doch auch meiner Seele nicht in jenem unaufgeklärten Zeitalter ge=

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