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rend Intriguen gegen ihn schmiedeten; der Grossherzog von Toskana ist Cosmos II. Medici, welcher im Jahre 1610 Galilei nach Toskana zurückberief als ersten Professor der Mathematik an der Universität Pisa mit einem Jahrgehalt von 1000 Skudi, ohne die Verpflichtung, in Pisa zu wohnen und Vorlesungen zu halten, und zugleich als Mathematiker und Philosophen des grossherzoglichen Hofes. Dieses glänzende Anerbieten veranlasste ihn, seine friedliche und glückliche Stellung an der Universität Padua, wo man mittlerweile seinen Gehalt auch schon auf 1000 fl. erhöht hatte, aufzugeben und Ponsard lässt ihn, nach der Erklärung des Grossherzogs, ihn nicht länger schützen zu können, in die bedauernden Worte ausbrechen:

-O Venise, sol libre, aux travaux salutaire,

Où j'enseignais en paix, où, de tous applaudi,

Je pris possession de l'espace agrandi,

Ah! tu n'eusses pas, toi, de mes bourreaux complice,
Livré servilement sa proie au saint office!

Amorcé par un prince, ébloui par la cour,

J'ai fui pour cet appât mon tranquille séjour etc.

Endlich noch ein Wort über die Aufführung des Stückes, soweit dieselbe sich aus der Ferne beurtheilen lässt. Wie es in Frankreich von Alters her Sitte ist, und sich auch noch in den Originalausgaben von Corneille und Racine findet, dass bei dem Personenverzeichniss des Stückes die Namen derjenigen Schauspieler angegeben werden, qui ont créé le rôle, wie der technische Ausdruck heisst, d. h. welche zuerst diese Rolle dargestellt haben, so finden sich auch in dieser Originalausgabe des Galilée neben den dramatischen Personen diese Namen verzeichnet. Und da begegnen uns denn jene Namen wieder, welche Jedem, der einmal das Glück gehabt hat, auf einige Zeit den in so grosser Vollendung durchgeführten dramatischen Vorstellungen des Théâtre français zu Paris zu folgen, ewig theuer sein müssen. Dem Verfasser dieses kleinen Aufsatzes ward dieses Glück vor etwa 17 Jahren; seitdem ist allerdings mancher grosse Name aus der Stammrolle der Comédiens ordinaires de l'Empereur verschwunden und vergebens sucht man die Stelle einer Rachel, eines Beauvallet (ein so würdiger Ruhmesrivale der Rachel als Horace in der gleichnamigen Tragödie

Corneille's!), eines Samson (des dramatischen Lehrers der Rachel, unübertrefflich in dem Scribe'schen Bertrand et Raton und so manchen anderen Lustspielen), einės Ligier (ein Corneille'scher Cinna, wie es keinen zweiten wieder gegeben hat) und so vieler Anderen. Aber noch immer sind herrliche Namen da. Da wird Geffroy in der Titelrolle genannt, einst vorzüglich als König Franz in Scribe's Contes de la Reine de Navarre, wie als Assuérus in der im Jahre 1864 neu in Scene gesetzten Esther Racine's; Delaunay als Taddeo, vorzüglich in den Alfred de Musset'schen Lustspielen (le Chandelier; Il ne faut jurer de rien, „Nur nicht niemals, niemals, niemals! sagen" u. s. w.) und damals noch ein ausserordentlich jugendlicher Liebhaber; Maubant als Commissaire du Saint Office, vortrefflich in schreckenerregender Furchtbarkeit als Richard III. in Delavigne's Enfants d'Édouard, wie vor 3 Jahren als Aman in der Esther; und unter den Damen, die 1850 noch in lieblichster Jugend strahlende Mile Favart, eine reizende Isabelle, Infante de Portugal, in Scribe's Contes de la Reine de Navarre, und wahrhaft bezaubernd als die kleine, schalkhafte Agathe in desselben Camaraderie, aber auch noch 1864 ungemein bestechend als Esther, wie als Laure in Ponsard's l'Honneur et l'Argent hier Antonia, die liebende Tochter Galilei's. Und so ist die Aufführung ohne allen Zweifel eine vorzügliche gewesen.

Es erübrigt uns noch der Dedication zu erwähnen, die A Son Altesse Impériale, Monseigneur le Prince Napoléon gerichtet ist, der bekanntlich auch in kirchlicher Beziehung der Kaiserin möglichst Opposition macht und eben kein Freund Rom's ist. Sie lautet sehr kurz und bündig folgendermassen: Monseigneur, Votre Altesse a bien voulu accepter la dédicace de Galilée il y a deux ans, quand la pièce n'était pas destinée an théâtre, j'espère que la représentation ne l'a pas rendue indigne de vous être offerte.

Veuillez agréer, Monseigneur, l'expression de ma respectueuse et déjà bien ancienne affection François Ponsard.

Ob wir noch einmal Gelegenheit haben werden, in diesen Blättern ein ponsard'sches Stück zu besprechen? Es ist dazn wohl wenig Aussicht vorhanden, denn wie es heisst, ist der Dich

ter der Lucrèce, die seine dramatische Laufbahn zu Anfange der vierziger Jahre begann, und dessen Bildniss die Leipziger Illustrirte Zeitung vor Kurzem brachte, sehr krank und wenig Hoffnung für seine Wiederherstellung vorhanden. Wer wird dann das verwaiste Scepter Racine's in die Hand nehmen oder haben wir das Wiederaufleben des romantischen Geschmacks und einen Victor Hugo den Zweiten zu erwarten?

vivra, verra. Sprottau.

Dr. M. Maass.

Qui

Zur Quellenkunde des deutschen Sprichworts.

Durch die im. J. 1863 begonnene und bis jetzt mit unvermindertem Fleiss und Eifer fortgeführte Herausgabe seines deutschen Sprichwörter-Lexikons hat K. Wander ein grosses und überaus schätzbares Verdienst um unsere Sprache und zugleich den besonderen Dank aller Freunde dieses Literaturzweiges sich erworben. Gleichwohl wird auch nach Vollendung dieses alle früheren Sammlungen weit überholenden und deutschen Fleiss und Ausdauer ehrenden Werkes die Erschöpfung unseres nationalen Sprichwörter-Schatzes, wie der Verfasser selbst sich bescheidet, nur erst zur Hälfte geschehen seyn, denn der Reichthum unserer Nation an „Volksweisheit," an Weisheit auf der Gasse" ist ein fast unübersehbarer und auch bei dem riesigsten Fleisse durch Eines Mannes Kraft nicht zu bewältigender, er ist ein solcher, wie ihn kein anderes Volk je besass oder ihn in der Gegenwart zu besitzen sich rühmen darf.

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Der einstige Auf- und Ausbau eines möglichst erschöpfenden absolute Vollständigkeit wird wie bei jedem Menschen werke auch hier stets Ideal bleiben und auf chronologischer Grundlage ruhenden wissenschaftlichen Sprichwörter-Buches, eines Corpus Proverbiorum Germanicorum, ist in erster Reihe bedingt und ermöglicht durch eine vollkommene Kenntniss der Literatur der Sprichwörter, wie sie zwar schon Stopitsch (1852) und Zacher (1862) auf eine alle Achtung verdienende aber nur fragmentarische und darum nicht mehr genügende Weise geschrieben haben. Denn die Quellenkunde des deutschen Sprichworts hat nicht allein die in der Muttersprache (mit Einschluss der niederländischen Mundart), sondern auch die von Deutschen in lateinischer Sprache) verfassten Sammlungen voll

* Auch die zum Theil noch im XV. Jahrhundert zum Druck gelangten zweisprachigen Sentenzen-Sammlungen (Cato, Alanus, Facetus, Moretus...)

ständig und nach den jetzigen Anforderungen der Bibliographie zu verzeichnen und zu würdigen, wie sie, ich möchte sagen vorzugsweise, je nach deren proverbialem Gehalte, ehenso vollständig als secundäre Mittel, das gesammte übrige Schriftenthum jeden Faches seit dem Beginn des Druckes in ihren Bereich und untersuchende Besprechung zu ziehen hat. Denn gerade in dieser letzteren erweist sich nicht selten ein Buch eben so reich (und an Erklärungen noch reicher) an Sprichwörtern, sprichwörtlichen Redensarten und Vergleichungen, als manche herkömmlich belobte und gar oft über Gebühr gepriesene Sammlung. Dass hiebei aber am allerwenigsten die im Wander'schen Lexikon allzusehr zurücktretende alt- und mittelhochdeutsche Literatur, die älteste und frischeste Quelle unseres Sprichworts (,,altsprochene Worte" nennt sie Pfaff Kuonrat schon um 1180) und zumal deren grösseren gnomologischen Erzeugnisse nicht übergangen werden dürfen, bedarf kaum der Erwähnung. Eine nicht zu unterschätzende Beachtung endlich hat sie auch den handschriftlichen, meist dem Volksmunde, zu jeder Zeit die Hauptquelle des unverfälschten Sprichworts, entstammenden Sammlungen, seyen diese in öffentlichem oder Privatbesitze, zu schenken, so weit dieselben eben bekannt oder zugänglich sind.

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Es bleibt somit die Aufgabe, dieses ganze Meer, vor Allem aber die älteren Sprachdenkmäler, danu insbesondere diejenigen des XV. und XVI. Jahrh. zu durchforschen, auf dass," um mich der bezeichnenden Worte F. Sandvoss' (Bl. f. lit. Unterh. 1866, 810) zu bedienen, „ein historisch und dadurch erst wissenschaftlich geordneter Schatz allmählig sich ansammle, der in den meisten (wenigstens nicht seltenen) Fällen des Agricola, Seb. Franck, Tappius oder Lehman getrost entrathen könnte, ja für ihre Dunkelheiten Licht, für ihre Mängel an Ver

so wie die seit dem ersten Viertel des XVI. immer zahlreicher auftretenden latein. Grammatiken und andere Lern- und Lehrmittel (Hauerius, Murmelius, Cochleus...) gehören hieher, da sie grösstentheils entweder die lateinischen Sprüche durch deutsche illustriren oder wie die letzteren, besondere deutsche Sprichwörter-Verzeichnisse enthalten, welche, schon numerisch wichtig, an innerem Werthe nicht selten den eigentlichen Sammlungen überlegen sind. Dieselbe Beachtung verdienen die zumal älteren Lexika (Dasypodius, Pictorius...) und ebenso die zahlreichen versus leonini, die Quaestiones quodlibeticae, die sprichwortreichen Facetiae, die grosse Menge anderer scherzhafter oder satyrischer Disputationen und Abhandlungen etc. des XVI. und XVII. Jahrh., weil gerade in solchen und ähnlichen Schriften ein noch zu hebender Schatz der seltensten und kühnsten deutschen Sprichwör ter und Redensarten in lateinischem Gewande sich findet, die trotz der Naivetät und Derbheit unserer Ahnen ein Autor doch nur in einer fremden Sprache niederzuschreiben sich erlauben wollte.

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