Слике страница
PDF
ePub

dings weit übertroffen. Der Geschmack an den Romanen ist übrigens gesunken, seit die Geschichte von talentvollen Schriftstellern behandelt wird. Im Discours aux Velches spottet er über das übliche Schema der Predigt: eine Einteilung in drei Punkte, wo es nichts zu teilen gibt, eine lange, welsche Rede über einen lateinischen Text, an den man sie anpafst, so gut oder so schlecht es geht, dann tausendmal wiederholte Gemeinplätze, das ist ja ein Meisterwerk ohne Frage. Die Leichenreden eines Bossuet, eines Fléchier waren eine einst viel bewunderte Gattung der Beredsamkeit. Heute, da das Streben nach Wahrheit in jeder Gattung die herrschende Leidenschaft geworden ist, haben diese ehemals so imponierenden prunkenden Deklamationen ihren Glanz verloren. Der geistreiche Fontenelle, bald noch übertroffen von Condorcet, hat hier eine neue Bahn gebrochen. Wir geben jetzt statt prunkender Lobreden einen schlichten, objektiven Überblick über das Leben eines Menschen.3

Wie weit das Temperament Voltaires und das von ihm übernommene ästhetische Ideal auseinandergehen, zeigt sich in überraschender Weise darin, dafs er im Interesse der klassischen bienséance diejenige poetische Gattung grundsätzlich verwirft, die seinem Naturell am besten liegt, die Satire. Man darf schriftlich nur so kritisieren, wie man in der guten Gesellschaft widersprechen darf. Invektiven gegen literarische Kollegen gelten nicht mehr als fein bei Männern von Bildung. Denn das sollte doch nicht sein, dafs die schönen Wissenschaften, denen man eine Milderung der Sitten nachrühmte, die Menschen nun wieder boshaft und roh machen und so traurige persönliche Folgen hervorbringen, wie die Verspottung Ménages und des Abbé Cotin durch Boileau und Molière. Er kann sich geradezu in eine sittliche Entrüstung hineinreden gegen diese traurige Gattung, die Privatleute dem öffentlichen Gelächter opfert (er nennt neben der Satire in Alexandrinern die auf sie folgenden 'couplets' und die 'calottes'), und nur um vor ihr Abscheu einzuflöfsen und die Jugend vor ihr zu warnen, möchte er überhaupt von ihr reden. Die Buchdruckerkunst wird bald ein infames Handwerk werden, wenn man den Brutalitäten der aus den holländischen Druckereien hervorgehenden Satiren nicht steuert und sie verfolgt, wie man die Weinpanscherei verfolgt. So warnt er auch vor der leidigen Gattung der Epigramme, die ja nicht überschätzt werden darf und die so leicht ins Libertinistische und Obszöne oder zur rohen Beleidigung ausartet."

Dem entsprechen die Forderungen, die Voltaire an den literarischen Kritiker richtet. Er vermeide jede Beleidi

Temple du Goût. L. XIV, Écr.: Villedieu; La Calprenède. Gaz. 2 ähnl. L. XIV, c. 32. ' L. XIV, c. 32. Éloge funèbre de Louis XV. 4 Mémoire sur la satire. Conseils à M. Racine. Mol.

3

Con.: Satire.

Musik und

gung, ja alle Gereiztheit und Ironie. Damit ärgert man nur die einzelnen Verfasser, oft auch ein ganzes Volk, ohne jemand zu fördern. Die Kritik sei objektiv, besonders wo nationale Vorurteile in Betracht kommen, und positiv. Nicht die absprechende oder lobende Kritik ist die wahre, sondern die berichterstattende, vergleichende, räsonnierende. 'Ich kritisiere kein Wort und keinen Satz, ohne einen evidenten Grund für meine Ansicht anzugeben, ich mache es nicht wie unsere Journalschmierer, die ohne jeden Beweis von ihrem Richterstuhl herab dekretieren: Das ist lächerlich, das ist erbärmlich. Die Kritik sei eine Schule der Belehrung, nicht ein Klatsch- oder Lästerbureau.' Besser als ganze Bände von Kritik sind zwei Seiten, die uns einige Schönheiten kennen lehren. Besonders ästhetische Parallelen, die Vergleichung grofser Geister, die sich an demselben Stoff versucht haben, ist geschmackbildend, wie vergleichende Anatomie naturwissenschaftlich bildet. Ein ausgezeichneter Kritiker wäre ein wissenschaftlich gebildeter Künstler, der Geschmack, aber keine Vorurteile und keinen Neid hätte. Sie sind sehr selten. Die Kritiker vom Fach, die wir haben, sind wie Schweinezungenbeschauer, die auf dem Viehmarkt die Tiere auf Krankheiten untersuchen, und gleichen den Kröten, die nichts als Gift aus der Erde saugen sollen.1

Ein Wort von der Aufgabe des Übersetzers. Die beiden Klippen sind die platte Genauigkeit des wörtlichen Übersetzers, der den Sinn seiner Vorlage durch Verwässerung entstellt, und die Willkür des ehrgeizigen Nachdichters, der sie überbieten möchte. Er erinnert an ein Wort von Frau von Sévigné, die die Übersetzer mit Bedienten vergleicht, die etwas von ihrer Herrschaft auszurichten haben und dabei oft das Gegenteil von dem sagen, was sie sagen sollten; auch den Fehler von Bedienten haben sie, dafs sie sich oft für ebenso grofse Herren halten. wie ihre Herrschaft, besonders wenn diese aus recht altem Hause. ist. Dichter sollte man immer nur in Versen übersetzen. Fremdsprachliche Kenntnisse verlangt Voltaire vom Literaten zum mindesten im Englischen und Italienischen wegen der Literaturschätze dieser Sprachen. Die Vernachlässigung des Griechischen in Frankreich bedauert er aus dem bezeichnenden Grunde, weil ohne Kenntnisse in dieser Sprache eine grofse Zahl französischer Kunstausdrücke dem Verständnis verschlossen bleibt.2

Anhangsweise mögen Urteile Voltaires über andere Künste Oper. folgen. Über die französische Musik äufsert er sich in L. XIV: Artistes, Musiciens und Con.: Opéra. Dafs die französische Vokalmusik nicht den Beifall anderer Völker finden konnte, ist wohl begreiflich angesichts des wenig melodischen

1 Journ. L. ph. 18. démicien. 2 L. ph. 18.

D.: Critique; Vers et poésie. Réponse à un Aca-
Con.: Traductions. Disc. Cons.

Charakters des französischen Wortschatzes und der eigentümlichen französischen Betonung der letzten Silbe (und nicht der vorletzten oder drittletzten wie bei anderen Völkern). Auch mufs sich der Fremde an die ihm sonderbar klingende Aussprache der sonst unausgesprochenen e muets gewöhnen, an unsere rauhen Stimmen und an die Langsamkeit unseres Gesangs. Über die Oper spricht er sich in origineller Weise aus, einmal über die Geschichte der Oper in Frankreich, die er sehr witzig behandelt, wenn er z. B. erzählt, wie Mazarins Bemühungen in dieser Hinsicht von den Franzosen mit immer stärkerem Gähnen beantwortet wurden. Die Musik Lullys, der das einzige für die französische Sprache geeignete Rezitativ erfunden habe, wird gegen Angriffe Cahusacs in der Enzyklopädie in Schutz genommen. In prinzipieller Hinsicht 3 verteidigt er zunächst die Daseinsberechtigung der Oper im allgemeinen gegen ironische Angriffe St. Evremonds: die antiken Tragödien wurden in singendem Ton vorgetragen und hatten Musikchöre; und die Musik kann wirklich Leidenschaften ausdrücken. Unsere Oper freilich leidet an schweren Gebrechen. Die Musik kann nur Gefühle und Leidenschaften wiedergeben, unsere Tragödien aber müssen, da sie uns die psychologische Entstehung der Leidenschaften schildern sollen, notwendig lange gefühlsleere Partien haben, die zu singen lächerlich wäre. Wie könnte man auch Verse singen hören, die z. B. zur Vorbereitung einer tragischen Erkennungsszene gehören. Durch Unterdrückung dieser Partien in der Oper macht man aber die Tragödie unpsychologisch. Daher haben wir auch seit Quinault keine erträgliche Tragödie in Musik. Seitdem haben sich nun die Musiker auf das zugkräftige, aber minderwertige Genre der Ballette geworfen, deren Muster die Europe galante von La Motte geworden ist. Mit der niedrigen, flachen Sinnlichkeit, der diese verliebten Vaudevilles Ausdruck geben, ist der Musik die sittliche Würde geraubt, der sie bei den Griechen und Römern diente. Die Freude am Edlen und an den klassischen Meisterwerken der Nation leidet durch diese Mode Not. Es mufs einmal ein Musikgenie erstehen, das die Oper, die wir doch nicht mehr entbehren können, sittlich reformiert. Sonst verdient sie die Mifsachtung, zu der sie in ganz Europa herabgesunken ist.

Künste.

Über Malerei und Skulptur weifs Voltaire kaum etwas Bildende Beachtenswertes zu sagen. In L. XIV: Artistes, Peintres, ein Wort über die Gefahren der Akademiebildung und die Unfruchtbarkeit des akademischen Geschmacks, der dem Genie nicht günstig ist. Im ganzen enthält er sich der Kunstkritik auf diesem Gebiete. D.: Goût II sagt er einmal, den Kenner, der die edlen und wahren Linien Raffaels bewundere, störe die Mager

1 D.: Art dramatique. 2 Temple du Goût. 3 Con.: Opéra.

keit seines Faltenwurfs; an der Laokoongruppe, die ihn mit Schauer ergreife, bemerke er doch, nicht ohne die Genugtuung, die die Entdeckung eines Fehlers gewähre, das Mifsverhältnis der Gestalt der Kinder und des Vaters. Der Schöpfer der Kolossalstatue Peters I. in Petersburg kritisiere mit Recht an dem Moses Michelangelos die Haltung und das eng anliegende kurze Obergewand bei allem Entzücken über den machtvollen Ausdruck des Kopfes. Im Temple du Goût vermifst er an den grofsen Meistern des 17. Jahrhunderts, Le Poussin, Le Brun und Le Sueur, die Kunst des naturwahren Kolorits. Watteau war glücklich in seinen kleinen Zeichnungen; etwas Grofses konnte er nie machen.

Architektur. In der Architektur hat er einen ganz exklusiven Renaissancegeschmack. Den Orient berührt er nur flüchtig mit einem abschätzigen Urteil über die Verhältnisse und die Details des Palastes von Persopolis. Die Figuren an diesem Bau erinnern ihn an den barbarischen gotischen Baustil, in dem z. B. die Pariser Kathedrale erbaut ist, bei der der erste Blick auf das grundhäfsliche Standbild des h. Christoph stöfst. Die Reform der gotischen Baukunst dankt man Brunelleschi. Das prächtigste und geschmackvollste Baudenkmal der Welt ist St. Peter in Rom, dem zur Vollendung nur die volle Umfassung durch die Kolonnade fehlt. Im Blick auf diesen Bau und auf St. Paul's in London, die zweite Kirche in Europa, müssen die Pariser mit ihrem Dom sich schämen. Unter den französischen Bauten rühmt er das Schlofs von Versailles, dessen Front gegen die Gärten das Schönste sei, was es auf Erden gebe, während die entgegengesetzte im kleinlichsten und schlechtesten Geschmack ausgeführt sei, weiter die Louvrefassade von Perrault, die Portale von St. Gervais und St. Sulpice, das St. Denis-Tor, den Brunnen St. Innocent und den in Rue de Grenelle.2 Der Fehler dieser modernen Bauten ist meist der, dafs sie nicht freigelegt. sind. Die alten Tempelanlagen mit ihren grofsen, von Säulenhallen umgebenen Plätzen und langen Zugangsstrafsen und Brunnen, ja selbst die indischen Pagoden könnten uns hier zum Muster dienen. Oft macht er den Vorschlag, Paris zu sanieren und es bei dieser Gelegenheit einer grofszügigen ästhetischen Modernisierung in der angedeuteten Richtung zu unterziehen. 3

1 E. c. 5; 82. Ce qu'on ne fait pas. Dîner de Boulainvilliers.
2 Annales de l'Empire: Maximilien. Des embellissements de Paris.

Anecdotes sur Louis XIV. Temple du Goût.

3 Bible expliquée: Hérode. Des embellissements de la ville de Cachemire.

Stuttgart.

(Schlufs folgt.)

P. Sakmann.

Les principales traductions de Werther

et les jugements de la critique.

(1776-1872.)

I.

Manon Lescaut et Clarisse Harlowe sont deux dates capitales dans la littérature romanesque au même titre que La Nouvelle Héloïse et Werther. 'Par un roman, écrit Diderot en 1762 dans son admiration pour Clarisse Harlowe, on a entendu jusqu'à ce jour un tissu d'événements chimériques et frivoles dont la lecture était dangereuse pour le goût et les mœurs. Je voudrais bien que l'on trouvât un autre nom pour les ouvrages de Richardson qui élèvent l'esprit, qui touchent l'âme, qui respirent particulièrement l'amour du bien et qu'on appelle aussi des romans.'1

Mais tandis que Richardson reste dans le monde réel, Rousseau se construit un monde idéal avec l'arrière-pensée de moraliser ses contemporains. A son tour, le petit volume de Werther prit le caractère d'une protestation: un héros plébéien en conflit avec la société de son temps s'élève par la souffrance à la hauteur des plus tragiques figures de l'humanité. Ce type, presque inconnu à la poésie du dix-septième siècle, la génération suivante avait pu l'entrevoir au théâtre fugitivement, sans deviner qu'il contenait des semences d'avenir. Gresset, l'auteur du Méchant, dans un accès de pessimisme, avait écrit la comédie larmoyante de Sydney, dont le héros las de vivre, s'est résolu au suicide; les sages conseils d'un ami et le dévouement d'une femme qui, quoique abandonnée par lui, n'en a pas moins continué à l'aimer, le réconcilient avec la vie. M. Jules Lemaître 2 convient que, lors même que Sydney annonce un peu Saint-Preux et surtout Werther, et qu'il ne les annonce que de très loin, Gresset a su donner un accent sincère à sa mélancolie. Mais en 1745 le public n'octroie pas encore au romancier ou au dramaturge le droit d'être ému en se laissant initier au malaise secret d'une volonté dont l'effort ne tend qu'à s'anéantir elle-même.

C'est le cas de Werther. Enthousiasmés ou scandalisés, lecteurs, littérateurs et magistrats se mettent en campagne. En 1775, la Faculté de théologie de Leipzig le fait interdire sous peine

Diderot, Extraits, par Joseph Texte, Paris, 1897, p. 74; L'abbé Prévost, par V. Schroeder, Paris, 1898.

2 Théories et Impressions.

V. aussi

« ПретходнаНастави »