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Sätze gefalst, eilig hingeworfen, entbehren solche Aufstellungen der überzeugenden Kraft. Voller schwellen die Segel erst, wenn der Verfasser auf die Entwicklung' zu sprechen kommt, wenn er mit herzerfreuender, warmer Begeisterung für Schillers Gröfse eintritt, die Abneigung der Romantiker gegen ihn erklärt, das junge Deutschland als das Kind einer armen Zeit beklagt, Richard Wagners genialen Griff in die germanische Sage und seinen nicht minder genialen Dichterblick für ihre tiefen Zusammenhänge rühmt. Der Ereignisse der Jahre 1848, 1866, 1870 wird gedacht, der Erfüllung alter Hoffnung und Sehnsucht, um dann nach der Wirkung dieser grofsen Ereignisse auf die deutsche dramatische Kunst zu fragen. Hier spricht der Verfasser von der eigenen Tätigkeit; einer aus Frankreich entlehnten Scheindramatik stellte er seine Dramen historischer Richtung entgegen, die ihm 'die bewusste Vereinigung menschlich-dramatischer Schicksale mit grofsen geschichtlichen, insbesondere nationalgeschichtlichen Vorgängen' bedeutet. Heilsam war der nordische Einflufs, solange er bei Björnson stehen blieb; Ibsens Tätigkeit erfährt dagegen eine scharfe und heftige Abfertigung, und die Möglichkeit seines gewaltigen Einflusses, der 'eine Masse der fürchterlichsten Dramen nach Ibsens Muster' entstehen liefs, wird durch den Hunger einer nerven schwachen Menschheit nach einer Formel erklärt, 'in die sie sich verlieren, die sie gewissermassen wie ein Opiat verschlucken konnte, um dann, den Stein der Weisen im Leibe, die Lösung des Welträtsels in Händen zu fühlen.' Auf eine bedenklich schiefe Ebene gerät der Verfasser, wenn er dann das naturalistische Drama als eine Ausgeburt der Sozialdemokratie ausgibt, auch gelegentlich mit einem Schimpfwort (S. 44) die ihm widerwärtige Richtung zu geisseln versucht. Das Heil erwartet er von Persönlichkeiten, die 'durch Vorführung grofser Menschenschicksale die Menschen immer wieder über Not und Last des Alltags hinwegheben, im Zusammenhange bleiben mit den tiefsten Instinkten des deutschen Volkes und aus diesem Zusammenhange heraus es wieder auf die Quellen des Lebens und seiner Kraft hinweisen'. H. Löschhorn.

Grenzfragen der Literatur und Medizin in Einzeldarstellungen. Hg. von Dr. S. Rahmer, Berlin. IV. Elisar von Kupffer, Klima und Dichtung. Ein Beitrag zur Psychophysik. München, Ernst Reinhardt, 1907.

Die wissenschaftliche Durchforschung der Dichterpsyche ist bisher wesentlich den Philologen zugefallen. Sie hatten den Vorteil, meist unbefangen, uninteressiert am Ergebnis der Untersuchung, zur Arbeit schreiten zu können, öfter aber den viel schwerer wiegenden Nachteil, vom dichterischen Schaffen wenig zu verstehen, ja geradezu in der Kenntnis von Quellen- und Beziehungsfragen das Verständnis der Dichtung selbst zu erblicken. Wertvoll und unbedingt nötig wird demnach stets die Arbeit des naturwissenschaftlich geschulten Psychologen für die Erkenntnis des Dichterlebens sein. Wie nötig es ist, über dem allgemein Menschlichen in der Dichterpersönlichkeit nicht das Besondere, die dichterische Ekstase, zu vergessen, das haben in letzter Zeit besonders Kritiker des alttestamentlichen Schrifttums betont, und noch die letzte Generation hat in Nietzsche eine Persönlichkeit erlebt, in der jenes Urelement der Dichtung mit elementarer Wucht zutage trat. Der Versuch, die Dichterpersönlichkeit als ein naturwissenschaftliches Phänomen zu begreifen, ist demnach durchaus berechtigt und hat z. B. in R. M. Werners Lyrik und Lyriker (1890) schon bedeutsame Ergebnisse erzielt. Äufserst willkommen mufs es daher dem Forscher sein, wenn Dichter selbst die Ruhe und Selbstentäufserung besitzen, sich selbst als Objekte der Forschung zu betrachten und den Zustand der poetischen Konzeption wissenschaftlich zu

analysieren. Im letzten Jahre hat z. B. Börries Frhr. von Münchhausen in der Deutschen Monatsschrift (1906, Heft 1-3) über die Entstehung seiner Balladen wertvolle Aufschlüsse gegeben; ihm reiht sich an die vorliegende, allerdings ungleich schwächere Arbeit; sie bleibt trotzdem dankenswert, weil jeder Versuch dichterischer Selbstbeobachtung für den Literarhistoriker wertvoll ist, und weil anscheinend sehr viel Selbstüberwindung dazu gehört; der Verf. hat über das Thema seiner Arbeit ob Klima, Landschaft, Jahreszeit u. dgl. das poetische Schaffen fördern oder hemmen eine Umfrage bei bekannten modernen Dichtern veranstaltet und nur Ablehnungen, teilweise recht schroffe, erfahren. Er war daher gezwungen, nur sein eigenes dichterisches Empfinden und Arbeiten zu verwenden.

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Die Enge des Beobachtungsfeldes ist es hauptsächlich, die seinen Untersuchungen schadet. Er hat gespürt, dafs sein dramatisches Schaffen in Italien jedesmal erlahmte und hält dies für eine allgemeine Tatsache, denn der Römer und Italiener sei von jeher dramatisch unproduktiv gewesen, Goethe habe die Dramenentwürfe, die er nach Italien nahm, nur teilweise und nur mit unsäglicher Mühe fertiggestellt; also auch die dramatische Fähigkeit des Germanen versiege jenseits der Alpen; ich weifs nicht, ob man aus der Arbeit an Egmont, Iphigenie und Tasso nicht eher das Gegenteil schliefsen könnte, wenn nicht überhaupt das Beispiel von manchen anderen Dichtern man denke nur an Byron und Shelley derartige Verallgemeinerungen verbötc. Glücklicher sind einige andere Beobachtungen des Verfassers: in Italien fügen sich seine poetischen Eindrücke leicht in die Form der Florentine' seine eigene Abart des Sonetts mit drei Vierzeilern und Schlufsverspaar, dazu dem Reimprinzip der terza rima, in Deutschland in die Form des kleinen Liedes; aber wieder ist hier nicht an unbekannte klimatische Einflüsse zu denken, sondern an die Einwirkung lokaler Ideenassoziationen, in Italien von Petrarca, in Deutschland vom Volkslied ausgehend. Wichtiger, weil zu manchem passend, was andere Dichter von sich ausgesagt haben, ist die Feststellung, dafs der poetische Reiz sich zunächst in einem bestimmten Rhythmus niederschlägt, der allmählich in Worten Gestalt gewinnt. Waldesrauschen, die Musik einer italienischen Militärkapelle, der Rhythmus des Fahrrades erzeugt ein Gedicht. Einige Strophen des Autors werden daraufhin analysiert, leider ohne wesentliche Ergebnisse. Wichtig wäre es für uns, zu erfahren, ob bestimmte Stimmungen sich in bestimmten Rhythmen zu äufsern pflegen, ein Gedanke, der zunächst sehr bestechend ist, aber doch durch die Allverbreitung gewisser Kunstformen bei bestimmten Völkern und zu bestimmten Zeiten wieder zweifelhaft wird. Des Verfassers eigene Beispiele in freien Rhythmen diese sind die lehrreichsten zeigen denn auch nur die Wiederkehr gewisser rhythmischer Typen, keine Gleichheit im Bau der einzelnen Zeilen. Wie wird der Einflufs des Rhythmus gekreuzt durch die Eigenheiten des Wortschatzes, d. h. des Materials, das der Rhythmus erst poetisch gestalten mufs? Und läfst sich etwa aus der Wahl des Rhythmus etwas schliefsen auf die Stimmung bei der Konzeption, auch dann, wenn in dem fertigen Gedicht nicht mehr die Ideenwelt des Augenblicks der dichterischen Empfängnis fortlebt, wenn etwa der Rhythmus der Militärmusik ein Gedicht erzeugt hat, aber weder von Soldaten noch von Klängen in dem fertigen Werke etwas steht? Das alles sind Fragen, die der Verf. beständig streift, aber nie beantwortet, sondern mit recht vagen Bemerkungen abtut. Aber für diese Probleme ist dem Literaturforscher die Mitarbeit des schaffenden Dichters so unentbehrlich, dals jeder Versuch, auf diesem Gebiete etwas zu leisten, Anerkennung verdient. In Büchers Arbeit und Rhythmus und R. M. Werners Lyrik und Lyriker dürfte der Verf. manche Anregung zu tiefergehender Selbstbeobachtung finden. Wilhelm Dibelius.

Posen.

Richard Wülker: Geschichte der englischen Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Zweite, neu bearbeitete und vermehrte Auflage. Erster Band. Mit 100 Abbildungen im Text, 15 Tafeln in Farbendruck, Kupferstich, Holzschnitt und Tonätzung und 7 Faksimile-Beilagen. Leipzig und Wien. Verlag des Bibliographischen Instituts, 1906. Zweiter Band. Mit 129 Abbildungen im Text, 14 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt und Tonätzung und 8 Faksimile-Beilagen. 1907.

Später, als zu erwarten war, erscheint die zweite Auflage der Wülkerschen Literaturgeschichte'. Dafür bietet sie äufsere und innere Veränderungen einschneidender Art. Aus dem einen Bande sind zwei geworden. Der erste führt die englische Literatur bis zur Restauration hinauf, der zweite von dort bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Daran schliefsen sich zwei völlig neue Bestandteile: 'Die englische Literatur der Gegenwart' von Ernst Groth und 'Die nordamerikanische Literatur' von Ewald Flügel. Ausserdem sind am Schlusse jedes Bandes Literaturnachweise beigegeben. Zunächst möchte ich den Wülkers Feder entstammenden Hauptteil für sich betrachten. Auch er unterscheidet sich schon stark von der ersten Auflage. Der Verfasser ist den Wünschen der Kritiker aufs weiteste entgegengekommen. Er hat den der keltischen Literatur gewidmeten Abschnitt zu Anfang weggelassen und dafür das Notwendige im Text eingefügt, ferner zwei gänzlich neue Kapitel, 'Die lateinische Literatur der Angelsachsen' und 'Die lateinische Literatur der Übergangszeit', eingeschoben. In vielen Einzelheiten des Inhalts ist er den Winken seiner Kritiker getreulich nachgegangen und hat so manches Verkehrte getilgt. Auch am Buchschmuck bemerken wir willkommene Veränderungen. Kurz das Ganze hat an Zuverlässigkeit und Brauchbarkeit gewonnen und stellt einen erheblichen Fortschritt gegen die erste Auflage dar.

Aber ganz froh können wir der Wülkerschen Leistung auch heute noch nicht werden. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, und wer es schon damals schmerzlich empfand, dafs Wülker den Wünschen der Verlagsbuchhandlung allzusehr nachgab, wodurch das Schwergewicht auf Inhaltsangaben, Proben und ästhetische Würdigung fiel, dem wird bei dieser primitiven Methode der Literaturdarstellung meines Erachtens auch jetzt noch nicht recht warm ums Herz werden. Die Ansprüche an Methode sind auch in unserer Wissenschaft rasch gestiegen. Durch Wülkers deskriptive Darstellungsweise ist der Zusammenhang zwischen den einzelnen Erscheinungen so sehr zerrissen, dafs wir wohl einen umfassenden chronologisch geordneten Katalog oder eine Enzyklopädie der englischen Schriftsteller und ihrer Werke vor uns haben, aber kein Aufdecken des Ineinandergreifens der Fäden, keine innere Geschichte des Wandels im Geschmack der Nation, kurz keine pragmatische Literaturgeschichte. Auch die ästhetische Bewertung mutet bisweilen nicht mehr zeitgemäss an. Sollte es wirklich noch nötig sein, von etwa 16 Romanen Edward Bulwers Inhaltsanalysen zu geben? Fielding nimmt nicht viel mehr als zwei Seiten ein, ebenso die ganze 'School of Terror'. Beckford erhält nur ein paar Zeilen.

Da bei der Brauchbarkeit, Zuverlässigkeit und Verbreitung des Werkes wohl bald eine neue Auflage nötig sein wird, will ich noch eine Reihe von Einzelheiten anführen, gegen die mir bei der Lektüre Bedenken gekommen sind. Einen allzu grofsen Raum (p. 59-61) nimmt wohl immer noch die Jüngere Genesis als eine blofse Übersetzung aus dem Niederdeutschen ein. — Das gleiche lässt sich von der Übersetzung des Apollonius ron Tyrus (p. 74) Wace hat Galfrid von Monmouths Historia Britonum' nicht 'übersetzt', sondern bearbeitet (p. 87). Ein Abschnitt über die auf englischem Boden entstandenen Werke in französischer resp. anglonormanni

sagen.

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scher Sprache war ein unbedingtes Erfordernis neben den beiden Abschnitten über die lateinische Literatur der Angelsachsen und der Übergangszeit. Französisch und Anglonormannisch wird überhaupt nicht auseinandergehalten. Dafs ein Ehebruch das Hauptmotiv im Bevis of Hampton bildet, ist noch kein Grund, einen keltischen Ursprung der Sage zu vermuten (105). Die Tatsache, dafs die Arthursage in England nicht dieselbe Pflege erfuhr wie in Frankreich, lässt sich kaum aus dem Gegensatz zwischen Wallisern und Engländern erklären (119). Soviel historisches Bewusstsein dürfen wir dem Mittelalter nicht zutrauen. Den meisten späteren Dichtern galt Arthur einfach als englischer König. Die englische Bearbeitung von Floris and Blanchefleure sollte nicht unter den Karlsepen behandelt werden (122). Gabeln kommen erst gegen Ende des 16., nicht 15. Jahrhunderts in England auf (161). Noch zu Shakespeares Zeit finden sie sich nur in vornehmen Familien, - Der Prosaroman The Romaunce of Alexander fufst nicht auf einer französischen, sondern einer lateinischen Vorlage, Leos 'Historia de Preliis' (190). Bei Capgrave und Fabyan (p. 190) ist zu berichtigen, dafs es schon zu Ende des 14. Jahrhunderts und das ganze 15. hindurch Prosachroniken in englischer Sprache gab, deren Verfasser Bürgersleute waren. Fabyan bedeutet nur das Ende einer langen Reihe und hat seinen Vorlagen nur wenig Neues zugefügt (vgl. Kingsford: 'Chronicles of London', Oxf. 1905). Die Aufzählung der volkstümlichen Literaturwerke in der Complaint of Scotland ist nur ein späterer Einschub (213). Der ganze Abschnitt über John Skelton bedarf der Umarbeitung (218 ff.). Heinrich VIII. hat von Skelton nur Lesen und Schreiben gelernt, was wohl nicht von besonderem Einflufs' auf den späteren König gewesen sein wird. Auch seine theologischen Kenntnisse verdankt er nicht ihm. Ob Skelton in Löwen und Oxford studiert hat, ist zum mindesten zweifelhaft; dafs er der erste höfische poeta laureatus in England war, ist sicherlich unrichtig. Dafs er eine Reihe von Jahren hochangesehen in des Königs Gunst lebte, ist durch nichts bezeugt. Beim Nigromansir war zu erwähnen, dafs die Kunde von seiner Existenz und seinem Inhalt nicht über allen Zweifel erhaben ist. Dafs Skelton eine Zeitlang freundschaftlich mit Wolsey verkehrt hat, ist fast undenkbar. Von einem erschütterten Glauben bei Skelton zu sprechen, haben wir auch keine Ursache. Catulls bekanntes Gedicht auf den Sperling seiner Geliebten hat sicherlich nicht die Anregung zum 'Boke of Phyllyp Sparowe' gegeben.

Soviel wir wissen, hat Lord Berners sein Castell of Love nur nach einer spanischen Vorlage übertragen (233). Die Arcadia des Sanazaro hat für Sidneys Arcadia so gut wie nichts hergegeben (vgl. Brunhuber: 'Sir Philip Sidneys Arcadia und ihre Nachläufer 1903). Eine Stilprobe der 'Arcadia' nach Valentin Theocritus von Hirschbergs Übersetzung aus dem Jahre 1629 wiederzugeben, erscheint mir nicht zweckmässig (243). Der erste Teil von Lylys Euphues erschien 1578, nicht 1579 (258). Was Lyly Guevara verdankt, betrifft fast nur den Inhalt seines Werkes; den Stil entnahm er englischen Vorläufern wie Pettie. Die Auffassung, dass Lyly das Lob, das er seinem Vaterlande im zweiten Teile des Euphues zollt, satirisch gemeint haben könne, ist bei den dicken Schmeicheleien, die wir gegenüber England und Elisabeth auch in Lylys Dramen und in ungezählten Romanen der Zeit finden, unhaltbar. Der Abschnitt über Lylys Dramen bedarf einer völligen Umarbeitung an der Hand von Bonds Ausgabe. Bei Thomas Kyd wäre vielleicht eine Erwähnung seiner Tätigkeit als Übersetzer am Platze gewesen (264). Greene ist sicherlich nie Geistlicher gewesen (266). Menaphon lehnt sich trotz seines Nebentitels Camillas Alarum to Slumbering Euphues' nicht an den Euphues an. Als Quelle des Orlando Furioso ist Bojardo statt Ariosto angegeben. Bei dem Drama George a Greene vermifst man eine Erwähnung, dafs Green es Autorschaft nicht unbestritten ist (269). Der Lodge zugewiesene Raum

ist unverhältnismässig klein. Seine Prosaromane Historie of Robert the Divel and William Longbeard sind fälschlich als Romanzen und Epen bezeichnet (271). Schon fast alle Züge von Shakespeares Falstaff finden sich in dem 'Oldcastle' der 'Famous Victories', wie neuerdings Baeske (Oldcastle-Falstaff in der engl. Lit. bis zu Sh. 1905) gezeigt hat (306). Wülkers abfälliges Urteil über den melancholischen Jacques in 'Wie es Euch gefällt' scheint mir ungerecht (308). Die Ausführungen über die Entstehung von Venus and Adonis sind reine Vermutungen (329). Die Datierung der Dramen Shakespeares ist nicht selten anfechtbar. Richard II. gehört so gut wie sicher in das Jahr 1599. Unter den Literaturnachweisen des ersten Bandes vermisse ich endlich Werke wie die Ausgabe Lylys von Bond, Kyds von Boas, Greenes von Collins (411). H. Conrads Aufsatz über Greene ist im Shakespeare - Jahrbuch XXIX, nicht XIX, enthalten.

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Im zweiten Bande überrascht mich Wülkers Ansicht, dafs Otways Orphan nicht nur schwach, sondern albern sei (14), was mir als ein ungerechtes Urteil über ein so ergreifendes Schauspiel erscheint. William Copland, der um die Mitte des 16. Jahrhunderts druckte, gehört nicht mehr zu den ältesten Druckern Englands. Fords zweiter Roman trägt den Titel Parisimus, nicht Parismus, und erschien 1598; der erste heifst Pheander, nicht Pheandre (24). Deloneys Romane sind nicht zutreffend charakterisiert. Sie schliefsen sich weniger an die romantischen Ritterromane als an die Schwankbiographien und Volksbücher an. Auch war ihr Erfolg, wie die Auflagezahl beweist, ein aufserordentlicher (26). — Nashs Unfortunate Traveller erschien 1594, nicht 1599 (27). Godwins Caleb Williams ist vor allem ein psychologischer Roman. Wie Godwins spätere Romane wäre er übrigens besser im Gefolge der School of Terror besprochen worden (85). Mit weiblichen Schriftstellern scheint Wülker wenig Sympathie zu haben. Jane Austen und Mary Edgeworth sind in ein paar Zeilen abgemacht (86). Bei Walpoles Castle of Otranto ist das Merkmal, durch das es der Ausgangspunkt einer grofsen Schule geworden, die Stimmungsmalerei, gar nicht erwähnt. Nicht trotz, sondern durch die starke Beigabe übernatürlicher Elemente hat es bahnbrechend gewirkt (87). Maturin mufste hinter Lewis behandelt werden, von dem er ausgegangen ist (88). Byron spricht in seinen Briefen durchaus nicht immer mit der gröfsten Achtung von seiner Mutter (161). Eine so geistreiche Satire wie Byrons Vision of Judgement hätte wohl Anspruch auf mehr als nur das Prädikat 'politisch anstölsig' (183). Edward Bulwer, den Wülker selbst nicht hoch einschätzt, nimmt mit seinen zwölf Seiten zu viel Raum weg (209). Das Zitat aus einem Liebesbrief Bulwers an Rosina Wheeler wäre wohl entbehrlich (214). Charlotte Brontë mufs sich mit acht Zeilen begnügen (251).

Als einen äusserst glücklichen Griff Wülkers mufs man die Heranziehung Ernst Groths bezeichnen, dessen bewährter Feder der nächste, völlig neue Abschnitt über die englische Literatur der Gegenwart entstammt. Methodisch ist diese Anfügung eines Schlufskapitels von fremder Hand allerdings ein Unding, denn die Fäden zu dem Vorangegangenen sind völlig abgeschnitten. Ausserdem ist der Umfang von 140 Seiten ein unproportioniert grofser. Aber der Abschnitt für sich betrachtet ist ein kleines Meisterstück, zugleich ein Nachschlagewerk und eine anregende Lektüre. Bei dem Mangel zuverlässiger und zusammenfassender Werke über die heutige englische Literatur wird man aufrichtig dankbar sein, einmal den dritten Band von Chambers 'Encyklopaedia' entbehren zu können. Auch läfst Groth seine Darstellungs- und Kombinationsgabe nie im Stich, aufser wo er gezwungen ist, Inhaltsangaben zu geben, die man vom darstellerischen Standpunkt aus gern vermissen würde. Bewundernswert endlich ist des Verfassers Belesenheit, die selbst aus den englischen periodi

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