Слике страница
PDF
ePub

denn nun eigenes in den Stoff gelegt hat oder, wie man ja sagen mufs, hineinlegen wollte. Und das wäre wahrlich nicht wenig gewesen: um es gleich von vornherein mit einem Worte zu sagen, die äufsere und die innere Form des Kunstwerks.

Die Romanzen sind kein Ganzes, nicht einmal Bruchstücke eines solchen, denn sie widersprechen einander, lassen wichtige Wendepunkte unerwähnt und erzählen Gleichgültigeres dafür doppelt, Lopes Comedia aber würde selbst unter den englischen histories, mit denen sie verwandte Züge aufweist, durch das fehlende einheitliche Interesse, die Lockerheit der Komposition auffallen. Uhlands Entwurf verspricht dagegen ein in sich geschlossenes Drama, dessen einzelne Teile durch sorgfältige Motivierung zu einem festgefügten Ganzen verbunden werden sollten. Gerade die Motivierung hat sich der deutsche Dichter sehr angelegen sein lassen. Wenn man von einer Romanze absieht, die den alten Grafen infolge einer brutalen Hinterlist des Königs sterben läfst, falste er als erster diesen Tod nicht als blofsen Zufall auf; auch Bernardos letzte Heldentat für den König, die bei Lope ebenfalls nur durch den Zufall herbeigeführt wird, liefs er aus der Situation organisch herauswachsen; des Königs Starrsinn sollte aus seinen eigenen Schicksalen und aus der Staatsraison verständlich gemacht werden. Kurz: auf Schritt und Tritt begegnet man im Entwurf den Spuren liebevoller künstlerischer Arbeit.

Und dann die Tiefe des seelischen Konfliktes im Helden, das eigentlich Tragische des Stoffes, haben die Romanzendichter wie Lope nur gestreift. Von jenen wird man es kaum verlangen wollen, bei Lope empfindet man es aber doch als etwas oberflächlich, wenn Bernardos Handeln fast das ganze Drama hindurch nur durch die Motive der Vaterlands- und Kindesliebe bedingt erscheint, besonders, da in der letzten Szene ganz unvermittelt doch noch das Motiv der bitteren Empfindung über die illegitime Geburt auftaucht. Gerade hier aber, in dem Zwiespalt zwischen stolzester Herkunft und der Schande, die ihr doch anhaftet, zwischen adligem Wesen, ritterlichem Ruhm und dem Namen Bastard, der gesellschaftlichen Stellung des hijo de ninguno liegt der dramatisch eigentlich packende Kern der ganzen Überlieferung.

Diese Ausstellungen gelten wohlverstanden dem Lopeschen Drama, der Auffassung des ganzen Stoffes, nicht der Figur Bernardos, wie sie uns in einzelnen Szenen entgegentritt; da wird jeder seine Freude haben an dieser prächtigen Belebung der alten Romanzenfigur mit ihrer volksmälsigen Derbheit und Herbheit; auch mag erwähnt werden, dafs in einem anderen, Uhland unbekannt gebliebenen Drama Lopes, La mocedad de Bernardo del Carpio, wie schon der Titel sagt, die Jugend unseres Helden der Gegenstand ist. Das alles hindert nicht, dafs erst der

deutsche Dichter die Oberfläche des ritterlichen Stoffes verlassen, mit der dramatischen Behandlung Ernst gemacht hat. Es bleibt dabei: eine eigentlich tragische Gestalt ist erst Uhlands Bernardo.

Nur hingewiesen sei auf die Vertiefung auch der übrigen Charaktere: der König, der bei den spanischen Dichtern schemenhaft bleibt, wird verständlich und menschlich interessant, schwere Schicksale haben ihn hart, aber nicht gefühllos gemacht, und so leidet er durch den Gang des Schicksals nicht weniger als die anderen. Entsprechendes läfst sich von Bernardos Vater sagen; die Figur der Elvira aber mochte der Dichter wohl hoffen, mit dem Schimmer feiner Weiblichkeit umkleiden zu können, eine Art elegischen Reiz hat sie schon im Entwurf, fast ähnlich der Braut Ernsts von Schwaben, von der in diesem Drama indessen nur erzählt wird.

Ob freilich trotz alledem die Bernardotragödie Uhland gelungen wäre? Jeder Dichter würde dagegen protestieren, wollte man nach seinem Entwurfe ein abschliefsendes Urteil über das fällen, was erst noch bei der Gestaltung hätte werden sollen; aber auf eine Schwierigkeit, die sich zweifellos bei der Ausarbeitung herausgestellt hätte, wird man doch hinweisen dürfen. Man möchte fragen, ob der Entwurf, wie er vorliegt, denn auch den weiten Rahmen eines fünfaktigen Trauerspiels gefüllt hätte. Die Entwicklung ist geradlinig, die Personenzahl sehr beschränkt; nachdem Bernardo im zweiten Akt einmal das Geheimnis seiner Geburt erfahren hat, bleiben für seine Versuchung, die Überwindung von Alfonsos Widerstand und die schliefsliche Trennung drei ganze Akte übrig, etwas viel für so einfache Vorgänge, meine ich. Schon der Entwurf zeigt diese Schwäche deutlich, wenn er den ganzen dritten Akt, also doch den, in welchem nach Shaksperes und Schillers Technik das Interesse seinen Höhepunkt erreichen, die Wendung im Geschick des Helden sich vollziehen soll, dem Grafen von Saldagna widmet. Das heifst, die Handlung stände gerade an dieser wichtigsten Stelle des Dramas still und würde durch elegische Lyrik ersetzt, der Held verschwände gänzlich von der Bühne.

Und noch ein anderes Bedenken meldet sich: das Tragische des Stoffes hat Uhland stark herausgearbeitet, dessen Träger aber dabei seiner zeitlichen und örtlichen Bestimmtheit entrückt: dieser Bernardo ist nicht mehr ein Spanier des achten oder neunten Jahrhunderts, er gehört im wesentlichen der zeitlosen Romantik an, die Helden nach ihrem Bilde erschuf, ohne sich darum zu kümmern, ob sie irgendwann möglich waren. Wenn Uhlands Bernardo irgend ein zeitliches Kolorit trägt, so ist es dasjenige der Restaurationszeit: der schwarzgekleidete Jüngling, der melancholisch sinnend an den Säulen des Palastes lehnt, dem ein finsteres Geheimnis die Lebensfreude raubt, erinnert an

Byronsche Helden, und auch der Schlufs, Bernardos Verzicht, der Abschied vom Vaterlande, der Ausblick auf ein fried- und freudloses Weiterleben im fremden Lande, steht mehr diesem Typus an als dem von des Gedankens Blässe so gar nicht angekränkelten spanischen Helden. Daran ändert auch die Stelle aus Mariana nichts, von der oben die Rede war; von einer melancholischen Stimmung kann da keine Rede sein, schon weil der Geschichtsschreiber mit einer Überlieferung schliefst, die den Helden seine Dienste 'mit gewohntem Eifer' dem König weiter widmen lässt.

Herausstellung und Vertiefung der auf der Illegitimität beruhenden seelischen Kämpfe des Helden war oben als das bezeichnet worden, was Uhland aus eigenstem zu dem Stoffe hinzutat. Aber gerade hier wird man auch den letzten Grund dafür suchen müssen, dafs Uhlands Drama ein Fragment blieb. Es erwuchs ihm die Aufgabe, zu dem neu aufgefafsten Konflikte die richtige Lösung zu finden, und dabei stellte sich denn ein arges Dilemma heraus. Auch das S. und 9. Jahrhundert hatten ihre tragischen Konflikte, mufste aber ein Schicksal wie das Bernardos für die Auffassung jener Zeit unbedingt zur tragischen Katastrophe führen? Kaum, und auch noch nicht für die Auffassung des 16. Jahrhunderts. Lope zeigt uns ja, wie Bernardo seine Ehre doch anscheinend zu seiner eigenen Zufriedenheit vollkommen wieder herstellt. Was hinderte ihn jetzt daran, Alfonsos Nichte zu heiraten? Für Lope sicher gar nichts, und wenn Elvira bei ihm überhaupt aufträte, würde zweifellos die Comedia mit der Aussicht auf fröhliche Hochzeit schliefsen. Wir denken heute anders; wir fühlen mit Uhland, dem solches Durchhauen des Knotens unmöglich deuchte, ja, wir werden zugeben können, dafs seine Lösung die einzige mögliche ist, denn Bernardos Lage ist für uns unbedingt tragisch. Nur eins wird bei dieser Auffassung zerstört: die traditionelle Form der Sage, die doch nun einmal dem Ganzen zugrunde liegt, ihm seine poetische Tönung gibt, das eigentlich Spanisch-Mittelalterliche des Stoffes. Moderne Auffassung des Konfliktes und Treue gegen die Sage und damit historische Färbung lassen sich in diesem Falle nicht vereinigen.

[ocr errors]

Das wird niemand besser gesehen haben als der gute Kenner und treue Verehrer des Mittelalters, Uhland selbst. Und in diesem Konflikt zwischen dem Dichter und dem Philologen denn darauf kommt es am Ende doch hinaus möchte ich den Grund dafür suchen, dafs der mehr als ein Jahrzehnt hindurch gehegte Gedanke, Bernardo del Carpio zu neuem Leben zu erwecken, doch endlich fallen gelassen wurde.

Lichtenberg.

Albert Ludwig.

Die Namen Orrmin, Gamelyn.

Mit dem ersten von diesen Namen hat sich neuerdings Logeman, Archiv CXVII S. 29 ff. ausführlich beschäftigt. Er identifiziert die Endung -in mit dem nordischen suffigierten bestimmten Artikel -inn; somit wird meine vor einigen Jahren ausgesprochene Vermutung (Scandinavian Loanwords S. 21 Anm. 1) weiter begründet und die Frage von mehreren Gesichtspunkten beleuchtet. Ich halte noch die betreffende Erklärung für die wahrscheinlichste. Ich will hier die Vermutung aussprechen, dafs wir auch in dem Namen Gamelyn den nordischen suffigierten Artikel zu erblicken haben. Das altnord. Adjektiv gamall 'alt' (vgl. ae. Jamelian 'to grow old', Jamal 'old') erscheint auch als Eigenname, und zwar sowohl in der starken Form Gamall (Rygh, Personenavne i norske Stedsnavne, Kristiania 1901, S. 29) als in der schwachen Form Gamli (< inn gamli 'der Alte'); erwähnt sei z. B. der Verfasser der isl. Jónsdrápa, der Kanonikus Gamli von Pykkvibær. Beide Formen treten auf englischem Boden auf; bei Searle, Onomasticon, finden wir z. B. Gamal aus den Jahren 975 und 1033, Gamel, Sohn des Orm (1064), Gamel, Sohn des Ketel (1086), wo die echt nordischen Namen der Väter beweisen, dass wir es mit Familien nordischer Abstammung zu tun haben. Dem alten Namen Gamli entspricht die latinisierte Form Gamelo, die wir bei Symeon of Durham finden (z. B. Gamelo Vater eines gewissen Orm: quidam tein in Eowerwic schire, nomine Orm, filius Gamellonis); sie dürfte auch in dem Ortsnamen Gamelanwyrd in Kent (Gray Birch, Cart. Sax. No. 813, aus dem Jahre 946) vorliegen. Der Umstand, dafs der Name Gamelyn wahrscheinlich nordischen Ursprungs ist, dürfte für die Entwicklungsgeschichte der Sage nicht

ohne Interesse sein.

Es möge hier nebenbei hervorgehoben werden, dafs der suffigierte bestimmte Artikel in Personennamen (Zunamen) heutzutage in Schweden unter dem Volke verwendet wird, und zwar in sehr grofsem Umfang. Wer z. B. Stark heifst, wird sicher allgemein Starken genannt. Jedoch ist zu bemerken, dafs man sich gewissenhaft hütet, solche Artikelformen Höherstehenden gegenüber zu verwenden. Überhaupt kann man behaupten, dass, wer sich solcher Formen in der Anwesenheit der betreffenden damit benannten Personen bedient, sich damit eine gewisse Vertraulichkeit herausnimmt. Daher kommt es, dafs Archiv f. u. Sprachen. CXIX.

3

schwedische Familiennamen (meistens fremden Ursprungs), die auf -en enden, von den unteren Klassen leicht dieser Endung beraubt werden. Sie halten ja die Endung für den bestimmten Artikel. So werden z. B. die Namen (von) Heideken, (von) Friesen oft zu Heidek, Fries. Den englischen Lektor in Upsala, Dr. Fuhrken, habe ich öfter 'Dr. Förk' nennen hören.

Nun liefse sich einwenden, dafs ein solcher Gebrauch des Artikels in Personennamen nicht für ältere Zeiten (hier handelt es sich natürlich um die Vornamen) bezeugt ist. Das braucht nicht schwer ins Gewicht zu fallen, da diese Formen der Familiärsprache angehören und wohl immer angehört haben. Von der Familiärsprache älterer Zeiten sind wir ja sehr spärlich unterrichtet. Ausserdem ist in Betracht zu ziehen, dafs Eigennamen, die aus Appellativa entstanden sind, wie Ormr 'Schlange', den Artikel gewifs doch viel leichter annehmen konnten als andere Namen. Ein Name Ormrinn ist nun tatsächlich im Altnordischen belegt; der ist aber kein Personenname, sondern der Name des Schiffes des Königs Olafr Tryggvason. Eigentlich hiefs das Schiff Ormr hinn langi oder Ormrinn langi 'die lange Schlange'; in der Saga Olafs Tryggvasonar wird es aber gewöhnlich schlechtweg Ormrinn (Akk. Orminn, Dat. Orminum) genannt, und ihm zur Seite stehen die Schiffe Ormr hinn skammi (oder Ormrinn skammi) 'die kurze Schlange' und Tranan 'der Kranich'. Es wäre nun doch nicht zu verwundern, wenn Leute, die wussten, dass Ormr 'Schlange' bedeutete, den Mann, der diesen Namen trug, Ormrinn, Akk. Orminn nannten. Nachdem die Kenntnis der nordischen Sprachen in England ausgestorben war, lebte diese Form noch (das Nom. war ja früh auf englischem Boden fortgefallen und nur ausnahmsweise beibehalten) sie war als eine Nebenform zu Orm durch die Zeiten mitgeschleppt worden.

-

Was die Form des Namens Orrmin betrifft, macht sie die Herleitung aus dem nordischen Namen + dem suffigierten Artikel nur in einer Beziehung schwierig: ich meine die wenigstens scheinbar, aber doch sicher lange Quantität des i. Der Erklärungsversuch Logemans, obgleich sehr scharfsinnig und auf den ersten Blick recht ansprechend, hat mir aber keineswegs eingeleuchtet. Er nimmt an, dafs das i im nordischen Artikel eine andere Qualität besass (narrow) als das normale kurze englische i. Wenn ich Logeman richtig verstanden habe, meint er, dafs die Schreibung -in bei Orrm, wo das einfache -n die Länge des vorhergehenden i nach der Ansicht sonstiger Forscher bezeichnet, nicht in bedeutet, sondern nur die abweichende Qualität des . war seiner Meinung nach bezüglich seiner Qualität dem englischen ähnlicher als dem , es hatte die Quantität des und die Qualität des ī.

Gegen eine solche Annahme liefse sich zuerst ein wenden, dass

'Altnordische Schiffsnamen haben gewöhnlich den suffigierten Artikel.

« ПретходнаНастави »