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Ludwigs XVIII. verherrlichen sollte und den Titel Artamène führte. Doch blieb diese Tragödie, so wie eine andere, mit welcher er sich im Jahre 1817 beschäftigte, unvollendet liegen.

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Zu derselben Zeit wagte er es, sich um die poetische Preisaufgabe der Academie, welche die Vortheile der Studien schildern sollte, zu bewerben. - Er erhielt zwar den Preis nicht, vorzüglich aus dem Grunde, weil die Richter die beiden Schlußverse seines Gedichtes

Ich, der ich Städt' und Höfe immer floh,

Sah funfzehn Jahre kaum den Lauf vollenden *).

für eine poetische Fiction hielten, auf die sie durchaus nicht Rücksicht nehmen durften, erfreute sich aber ehrenvoller Belobung und Erwähnung. Glücklicher war er im Jahre 1819, wo er bei den Wettkämpfen vor der Académie des Jeux Floraux zwei Mal die Krone davon trug, durch ein Gedicht auf die Statue Heinrichs IV. und ein anderes auf die Jungfrauen von Verdun **). Das Erstere ward sogar in einer Nacht vor dem Krankenbette seiner Mutter geschrieben. Durch ein drittes Gedicht, Moïse sur le Nil ***), erwarb er sich im Jahre 1820 die Würde eines Maitre és jeux floraux. Uleberhaupt waren die Jahre 1819 und 1820 die fruchtbarste Zeit für ihn, denn was nur das arme Menschenherz erregen und erschüttern kann, bemächtigte sich während derselben seines Inneren. Die Liebe zu der Genossin der unschuldigen Freuden seiner Kinderjahre hatte er treu bewahrt, und Erwiederung gleicher Gefühle bei ihr, die sein Alles war, gefunden, aber sowohl seine, wie ihre Eltern wollten durchaus keine nåhere Verbindung gestatten, da es den jungen Leuten völlig an den Mitteln zu einer anständigen Subsistenz fehlte, und die Lieben

*) Moi, qui toujours fuyant les cités et les cours De trois lustres à peine ai vu finir le cours.

**) S. Odes par Victor Hugo. Paris, Ladvocat. 1827. 3 Bde in 16. T. I. S. 35. und S. 23.

***) Ebendas. T. I. S. 137.

den wurden strenge getrennt. Victor suchte Zerstreuung in den abstractesten wissenschaftlichen und politischen Studien, doch die Liebe blieb Sieger, und ein Roman Han d'Islande, wels chen er in dieser Abgeschiedenheit verfaßte, der aber erst 1823 im Druck erschien, war dazu bestimmt, als Liebesbote mit nur ihr verständlichen Grüßen zu der Gefeierten zu dringen und fie von der Unwandelbarkeit seiner Gesinnungen zu überzeugen. Im folgenden Jahre raubte ihm der Tod die treue Mutter, welche einen so entschiedenen Einfluß auf seine Bildung hatte; die Wissenschäften mußten wieder Trost verleihn; er brachte, sich ihrem Dienste widmend, ein ganzes Jahr in stren= ger Abgeschlossenheit zu. Da ward ihm 1822, nachdem der erste Band seiner Gedichte erschienen war, jedoch nicht durch diese veranlaßt, eine Pension von der Regierung und mit ihr die Mittel, sich auf immer mit der Geliebten zu verbinden, und eine feste Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft einzunehmen. Eine rastlose Thätigkeit und die erfreulichsten Forts schritte bezeichnen von da an seine Laufbahn, 1822 erschien der erste Band seiner Oden; 1823 der Roman Han d'Islande; 1824 eine zweite Sammlung Oden; 1826 der Roman Bug Fargal, und die dritte Folge seiner Gedichte; 1827 das Drama, Cromwell; 1828 les Orientales; 1829 le dernier Jour d'un Condamné; 1830 Hernani; 1831 Notre Dame de Paris; Marion Delorme.

Victor Hugo ist eben so ausgezeichnet als Mensch, wie als Dichter; tiefe Religiosität, unerschütterliche Redlichkeit und die strengste Wahrheitsliebe zieren sein Haupt neben dem Lorbeerkranze, mit der köstlichsten Bürgerkrone. Selbst auf seine politischen Meinungen haben sie den größten Einfluß und wiewohl er durch die Ergebnisse der Zeit geleitet vom strengften Royalismus zum edlen Liberalismus überging, so blieb immer doch die unbefleckteste Rechtschaffenheit seine Führerin. Er schildert sich in dieser Hinsicht selbst auf folgende Weise in einem Gedichte, welches als Einleitung zu einer neuen Sammlung neuer Poesieen dienen soll, also:

Wenn ich gesungen, hör' ich zu und schaue;
Im Schatten dem gefall'nen Kaiser Tempel bauend,
Die Freiheit liebend ihrer Blüthen wegen
Und ihrer Früchte; für sein Recht den Thron,
Den König für sein Unglück; endlich treu
Dem Blute, das in meine Adern gossen,
Mein Vater, alter Krieger, meine Mutter,
Die in dem Lande der Vendée geboren *).

Auf diese Weise erreicht er, indem er uns seine Werke darbietet, Zwiefaches, daß man durch den Dichter den Menschen, durch den Menschen den Dichter lieb gewinnt, denn Beide gehen Hand in Hand, und Keiner ist vorherrschend.

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Um sich ein vollkommenes Bild von ihm machen und dasselbe zu klarer Anschauung gestalten zu können, ist es nothwendig, ihn genau auf seiner poetischen Laufbahn zu verfolgen. Er hat sich in drei Gattungen versucht, in der lyrischen `Poefie, im Drama und im Roman. - Die Hauptzüge seines poetischen Characters bleiben sich in diesen gleich. Eine tiefe, glühende, oft ungeregelte und übersprudelnde Phantasie, die mitunter zu sehr am Bizarren Gefallen findet, und die einmal ergriffenen Bilder und Anschauungen nicht wieder fahren läßt, bis sie dieselben nach allen Seiten hin dem Auge dargestellt hat, ein ernstes und eindringendes Studium der Menschenseele und des Menschenherzens, deren geheimste und verborgenste Falten er mitunter schonungslos aufdeckt; ein scharfauffassendes Auge für die Licht, wie für die Schattenseiten der Natur, und eine glänzende und gewandte Herrschaft über die Sprache sind die Gaben, deren er sich vorzugsweise erfreut und die es ihm leicht machten, schon als Jüngling sich auf eine so hohe Stelle

*) Aprés avoir chanté, j'écoute et je contemple;

A l'Empereur tombé dressant dans l'ombre un temple,
Aimant la liberté pour ses fruits, pour ses fleurs,
Le trône pour son droit, le Roi pour ses malheurs ;
Fidèle enfin au sang, qu'ont versé dans ma veine
Mon père vieux Soldat, ma mère Vendéenne.

zu schwingen, trok der gewaltigen Opposition, die sich ihm aus allen Kräften entgegenstemmte, und welche nicht zu vers achtende Gegner in ihren Reihen zählte. Dagegen fehlt es ihm an jener Besonnenheit und Ruhe, die vorzüglich den vollendeten Dichter characterisiren, und die freilich sehr oft erst die Frucht reifer Jahre sind, denn nicht Allen legt die Muse diese Weihgeschenke der wahren Kunst segnend in die Wiege, wie sie es Shakespear und Göthe gethan. Aus diesem Grunde gebricht es ihm auch an treffender lyrischer Reflexion; er sucht zwar im dunkeln Gefühle eines solchen Mangels dieselbe, die ich das moralische Resultat einer jeden wahren Kunstschöpfung nennen möchte, durch kühne Sprünge und treffende Bilder bei dem Leser selbst hervorzubringen, aber eben dadurch weiß er nur anzuregen, nicht zu beruhigen, und so legt man am Schluffe fast jedes seiner Werke mit dem Gefühle aus der Hand, daß ein gewisses belebendes Etwas fehle, wodurch erst eigentlich der vermittelnde Einklang, die harmonische Ausgleichung aus dem Werke in die Seele des Empfangenden hinübergetragen wird. Dies rührt hauptsächlich wohl daher, daß er keinen Stoff, welcher seine Phantasie aufregt und ihm als poetisch erscheint, verschmäht, wäre derselbe auch noch so gråßlich oder wunderlich, ja selbst im höchsten Grade unwahrz scheinlich und nur allenfalls denkbar und im Reiche der Ideen als möglich anzunehmen. Aus diesem Bestreben erzeugt sich dann sehr oft ein unwillkührliches Haschen und Drängen nach Effect; ein Fehler, den freilich seine Zeit und noch mehr seine Nation mit ihm trägt, und welcher vorzüglich aus den Kâmpfen der Partheien entsprang.

Seine lyrischen Erzeugnisse sind in zwei Sammlungen enthalten, in seinen Odes et Ballades, von denen bis jetzt drei Bånde erschienen, und in einer Reihe von Gedichten, welche dem Morgenlande entlehnt sind, und die den Titel,,les Orientales" führen. So Vorzügliches die erstere Sammlung auch enthält, so leidet sie doch fast durchgängig an einem wesentlichen Mangel, der aus jenem oben berührten Fehler

entsteht. Es findet sich nämlich fast nirgends ein bestimmt ausgesprochenes Gefühl, das der Seele des Dichters eigenthümlich gehört, und doch durch seine Wahrheit Allen als ein lángst besessenes Gemeingut erscheint, oder um mich des Ausdrucks der Schule zu bedienen, es fehlt durchaus an jener lyrischen Subjectivität, welche so viele von unsern deutschen Dichtern in hohem Grade besitzen. Streng genommen kön

nen jene Gedichte nicht als Oden gelten, indem sie sowohl der Form, als dem Wesen nach, sehr oft von dem Character dieser Dichtungsart abweichen, doch spricht sich der Verfasser in der Vorrede selbst über diesen Umstand aus, und wir sind weiter nicht befugt, mit ihm darüber zu rechten, da er der Meinung ist, es stehe dem Dichter frei, die Kinder seiner Muse, trotz Schule und Gebrauch, zu taufen, wie es ihm eben_gefällt *). — Am vorzüglichsten erscheinen in dieser Sammlung die vaterländischen Gedichte, besonders diejenigen, welche nicht zu den Erstlingen seiner Muse aus einer Zeit, wo er fast verblendet einem halb vermoderten Regentenstamme huldigte, gehören. Es ist schwer zu entscheiden, welchem von diesen Gedichten der Preis zu ertheilen wäre, da Geschmack und Neigung zu sehr das Urtheil beschränken, doch möchte ich folgende vor Allen hervorheben: La Vendée 1); les Vierges de Verdun 2); la Liberté 3); la Mort de Mlle de Sombreuil 4); à mon Père 5). Diese Letztere enthält unter Anderen eine so erhabene und zugleich so wahre Schilderung Napoleons, wie sie nicht leicht ein anderer so gesinnter Dichter hinzustellen vermöchte.

Neben den patriotischen Oden nehmen die Gedichte an seine Geliebte wohl den nächsten Rang ein; sie sind mit einer in Herzblut getauchten Feder geschrieben, doch leiden sie an einer Ueberhäufung von Bildern, welche ihnen etwas Manie

*) In den Vorreden zu den drei Bänden, an mehr als einer Stelle. 1) Odes et Ballades I. S. 11. 2) I, 23. *) II, 55. 4) II, 5) II, 39.

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